

Mangel an Arbeitskräften spitzt sich zu
Der Personalmangel verschärft sich dramatisch: Das zeigt die aktuelle Auswertung des Fachkräfteradars in der Steiermark. Die WKO Steiermark fordert daher neue Leistungsanreize – und eine Anpassung des faktischen Pensionsantrittsalters.
Die Pensionswelle rollt auf die Steiermark zu: Innerhalb von nur 15 Jahren hat sich der Anteil der über 50-jährigen unselbständig Beschäftigten in der Steiermark von 68.893 auf 150.981 mehr als verdoppelt. Eine Abkehr dieses Trends ist nicht in Sicht – im Gegenteil. Die Folgen für den steirischen Arbeitsmarkt sind massiv, wie nun das aktuelle WKO-Fachkräfteradar zeigt: Betrug der durchschnittliche Stellenandrang 2019 noch 2,34, so ist er im abgelaufenen Jahr auf ein Rekordtief von 1,19 gesunken (mehr Zahlen links und rechts oben). Heißt vereinfacht: „Auf eine offene Stelle kommen – im Schnitt – mittlerweile nur mehr 1,19 Arbeitslose, die für diese Tätigkeit in Frage kommen. Insgesamt ist die Anzahl der Mangelberufe (Anm.: Stellenandrang von unter 1,5) in der Steiermark innerhalb von nur drei Jahren von 74 auf 129 gestiegen“, erklärt Arbeitsmarktexperte Johannes Absenger vom Institut für Wirtschaftsund Standortentwicklung (WKO). Die daraus resultierenden Chancen, die für Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt in den verschiedenen Regionen entstehen, beleuchten wir rechts oben im Überblick sowie bezirksspezifisch auf den Seiten IX bis XXI.
An der steiermarkweiten Spitze der Mangelberufsliste (siehe Top 20 rechts unten) steht der Nachrichtenund Starkstromtechniker in unterschiedlichsten Qualifikationsstufen, dicht gefolgt von IT-Datenverarbeitern und Kalkulanten. „Die Situation verschärft sich allen wirtschaftlichen Herausforderungen zum Trotz immer mehr. Wacht die Politik nicht in Bälde auf, fahren wir als Standort mit Vollgas und ohne Airbag gegen die Wand“, findet WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk drastische Worte. „Wir befinden uns inmitten eines demographischen Tsunamis, dessen Folgen für unsere Gesellschaft nach und nach sichtbar werden“, unterstreicht der Präsident.
Mehr Erwerbstätige, weniger Arbeitsvolumen
Angesichts dieser Schieflage herrsche „akuter Handlungsbedarf“: insbesondere im Hinblick auf den Trend zur Teilzeitbeschäftigung. Denn: Trotz zuletzt mehr unselbständig Erwerbstätiger ist das Arbeitsvolumen rückläufig. Dazu tragen massiv die steigenden Teilzeitquoten bei. Heißt faktisch: Bei den steirischen Frauen ist die Teilzeitquote von 39 Prozent (im Jahr 2004) kontinuierlich auf 51,2 Prozent angestiegen, bei den Männern – im gleichen Zeitraum – von 3,7 auf 11,1 Prozent.
„Wir befinden uns inmitten eines demographischen Tsunamis.“
Josef Herk Präsident WKO Steiermark
Dieser Entwicklung müsse „die Politik endlich entgegenwirken“, betont Herk. Er fordert in diesem Zusammenhang steuerliche Anreize für Vollzeitbeschäftigung und entsprechende Rahmenbedingungen (wie den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung für alle Altersstufen), eine Ausweitung der Steuerbefreiung von Überstunden (Erhöhung von derzeit zehn auf 20 steuerbegünstigte Überstunden) und Anreize für ein längeres Arbeiten. Konkret schlägt Herk etwa für freiwillig in ihrer Pension Weiterarbeitende 1.000 Euro Steuerfreiheit und den Entfall der Pensionsversicherungsbeiträge vor. Generell ortet der WKO-Steier-mark-Präsident Adaptierungsbedarf hinsichtlich der Arbeit im Alter: „Wir werden älter, gehen aber früher in Pension als in den Siebzigern“, erklärt der Präsident. Dementsprechend müsse das faktische Pensionsantrittsalter (liegt derzeit bei 61,8 Jahren bei Männern und 59,8 bei Frauen) an das gesetzliche angepasst werden. „Über kurz oder lang“, erklärt Herk, „werden wir auch nicht an einer Anpassung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters vorbeikommen.“
Während in Deutschland 63,2 Prozent der 60- bis 64-Jährigen arbeiten, sind es hierzulande gerade einmal 32 Prozent. Für Herk steht fest, an „allen Schrauben zu drehen, um die Herausforderungen am Arbeitsmarkt zu bewältigen“. Einen Baustein hierfür liefern die WK-Organisationen, die von 20. bis 24. März zur ersten österreichweiten „SkillsWeek“ (mehr dazu von XXII bis XXIII) laden. Das Format soll Einblicke in die die Möglichkeiten der beruflichen Ausbildung geben.


AKTUELLE ZAHLEN
59,8
Jahre ist die durchschnittliche Österreicherin bei ihrer Pensionierung. Die Männer sind im Schnitt 61,8 Jahre.
3,73
Millionen Menschen waren in Österreich im Jahr 2021 unselbständig erwerbstätig. Im Jahr 2017 waren es 3,65 Millionen.
5,77
Milliarden Stunden betrug das Arbeitsvolumen im Jahr 2017. 2021 ist es auf 5,66 Milliarden Stunden gesunken.